“Wir müssen Dinge anders machen” – Interview mit Lukas Arenas, Leiter des NLZ vom FC St.Pauli
Heute im Trainerinterview: Lukas Arenas. Lukas ist seit Ende 2019 Leiter der Athletikabteilung im NLZ vom FC St. Pauli und spricht im Interview über Trends, Potenziale im Nachwuchsfußball und seine eigene Entwicklung.
Coach2: Hallo Lukas, du bist seit einem guten halben Jahr Leiter der Athletikabteilung des NLZs von St. Pauli. Gib unseren Lesern doch einen Überblick über deine Arbeit.
Lukas Arenas: Hallo zusammen. Wie schon richtig gesagt, bin ich in der Leitung der athletischen Abteilung tätig. Die Aufgabe hier ist sehr vielfällig und weitreichend. Ich bin für das gesamte athletische Konzept von den kleinsten bis zur U23 verantwortlich. Dazu gehört natürlich auch die Diagnostik und letztlich auch Aufgaben an den Schnittstellen zu den Mannschaftstrainern, der Leitung und allen anderen Abteilungen. Natürlich mündet meine Aufgabe, wie alle Tätigkeiten im Nachwuchs, darin, Spieler darauf vorzubereiten bestmögliche Schritte im Herrenbereich zu gehen – am besten natürlich als Profi vom FC St. Pauli. Das für alle Jahrgänge in Einklang zu bringen, sei es die eben besagte Diagnostik, Übungen aber auch das Vokabular, das wir nutzen, ist die Aufgabe, für die ich mich als verantwortlich zeichne.
Coach2: Du bist schon länger im Nachwuchsfußball unterwegs. Bevor du zu Pauli gekommen bist, warst du knapp 3 Jahre in der Akademie von Hannover 96. Aus deiner Sicht: Was ist die größte Herausforderung in der Ausbildung von Spielern, die Profis werden wollen?
LA: Ich finde die Frage sehr vielfällig. Zum einen ist der Fußball extrem schnelllebig. Der Spieler hat nur sehr wenig Zeit, sich zu entwickeln und zu entfalten. Auf der anderen Seite müssen wir ihnen genau diese Zeit geben. Entwicklungen, Eigenverantwortung, Routinen und natürlich auch athletische Zuwächse brauchen einfach Zeit. Ein wesentliches Ziel der athletischen Abteilung ist es dabei Dinge greifbar und messbar zu machen. Es darf nicht reichen, nur zu sagen: „Spieler, mach einfach mehr“. Die Jungs brauchen klare Ziele, an denen sie arbeiten können.
„Man hat das Gefühl an Informationen gesättigt zu sein. Es gibt unheimlich viele Informationen. Hier ist es eher die Aufgabe, das Wichtige vom Unwichtigen zu trennen und im zweiten Schritt diese Dinge auch in der Praxis anzuwenden.“ – Lukas Arenas
Coach2: Aus deiner Sicht gesprochen, gibt es aktuelle Trends – das eine Thema – das alle bearbeiten?
LA: Für mich fühlt es sich aktuell nicht so an, als gäbe es einen Trend, den man verfolgen muss. Im Gegenteil: Man hat eher das Gefühl, an Informationen gesättigt zu sein. Es gibt unheimlich viele Informationen, die auch öffentlich zugänglich sind. Hier ist es eher die Aufgabe, das Wichtige vom Unwichtigen zu trennen. Im zweiten Schritt muss man diese Dinge auch in der Praxis anwenden. Das passiert viel zu wenig. Das beginnt mit der Sprache, die wir nutzen und vielen weiteren vermeidlichen Kleinigkeiten, die man einfach besser machen kann.
Ein Gedanke, der mich aktuell beschäftigt hat, ist die Rolle des Athletiktrainers. Hier hat mir auch Coach2 geholfen, eine andere Perspektive einzunehmen. Also davon wegzukommen, nur die Rolle des Krafttrainers einzunehmen, sondern mehr Verständnis für das Spiel als solches zu entwickeln. Für das Training würde das heißen, in Abstimmung mit dem Fußballtrainer, welche Spielform mit welcher Provokationsregel zu welchen körperlichen Effekten führen kann. Ohne dass ich das jetzt als konkreten Trend bezeichnen würde, es entspringt einfach der täglichen Arbeit und Erfahrung. Eine Entwicklung in diesem Bereich würde uns Athletiktrainern helfen, Dinge noch besser an den Spieler zu bekommen und natürlich auch ein besseres Verständnis und eine bessere Argumentationsgrundlage im Trainerteam zu haben.
Coach2: Du sprichst viel von Potenzialen und was noch besser gemacht werden kann. Siehst du denn noch weitere Entfaltungsräume in denen wir als Trainer besser werden können?
LA: Konkret gesprochen geht es viel darum, eine besondere Kultur zu entwickeln. Sei es in der Vorbereitung auf ein Training oder im konkreten Setting Krafttraining. Es hilft ungemein, mit einem stabilen Kraftniveau Verletzungen zu vermeiden, sei es nur weil ein Spieler in der Lage ist, sich einbeinig zu kontrollieren. Aus der Praxis gesprochen ist hier häufig das Problem, dass wenn ein Spieler diese eine Einheit am Anfang der Woche verpasst, er ja bis zu zwei Wochen keinen Reiz in dem Bereich hat. Hier wäre eine höhere Regelmäßigkeit sicherlich von Vorteil, ohne wirklich mehr zu machen. Trainingsimpact besser zu verteilen, ist hier sicherlich ein Potenzial, dem wir auch schon bewusst nachgehen.
„Am Ende geht es immer darum, den Spieler besser zu machen. Je besser das Team um den Spieler funktioniert, desto höher ist auch die Wahrscheinlichkeit einer Entwicklung des Spielers.“ – Lukas Arenas
Coach2: Du hattest eben schon Coach2 kurz angesprochen. Du hast die Ausbildung auch absolviert. Was sind deine Eindrücke?
LA: Durchgehend hat mich vor allem begleitet, dass ich unheimlichen Respekt vor Jonas und Steven habe. Wenn man mal sieht, wie viel Zeit, Muße und Liebe zum Detail eingeflossen sind, ist das sehr beeindruckend. Ich glaube die Kunst ist es, komplexes Wissen so darzustellen, dass es einfach verständlich ist. Und hier ist Coach2 sehr gut und praxisnah, ohne das Detail zu vernachlässigen. Gerade für mich, dessen tägliche Arbeit der letzten Jahre nicht die Planung reiner Fußballtrainingseinheiten war, waren viele Erfahrungsberichte und Situationen in der Kabine sehr wertvoll.
Auch hat es mir eine extrem wertvolle Perspektive gegeben, nachzuvollziehen, wo die Probleme und vielen Aufgaben eines Trainers liegen. Dank Coach2 kann ich das besser nachvollziehen und auch besser darauf eingehen. Dieser Perspektivwechsel war mit das Wertvollste.
Ein weiteres gutes Learning war die sehr strukturierte Trainingsplanung. Das hilft mir dabei gezieltere Nachfragen stellen zu können, wenn es um den Austausch zum Training geht. Aus diesem besseren Verständnis entspringt die Möglichkeit, dem Trainer dann wieder besser zuspielen zu können. Gleiches gilt dann im zweiten Schritt natürlich auch für die Reflexion von Training.
Coach2: Abschließend: Du hast als Spezialist eine reine Fußballtrainerausbildung absolviert. Was war deine Motivation?
LA: Am Ende geht es immer darum, den Spieler besser zu machen. Je besser das Team um den Spieler funktioniert, desto höher ist auch die Wahrscheinlichkeit einer Entwicklung des Spielers. Damit dieses Team drum herum funktioniert, müssen alle ein Verständnis für die Fähigkeiten des anderen haben. Und hier merkt man recht schnell, dass eine reine Spezialisierung auf einen Bereich früher oder später nichts mehr bringt. Im Studium habe ich schon viel in diese Richtung geforscht und überlegt, denn am Ende sitzen wir alle an einem Tisch. Diese Entwicklung weiter voranzutreiben war mein Ziel und dabei unterstützt mich Coach2 sehr gut.
Coach2: Danke für deine Zeit und bis bald!