Trainersprache: „Acronyms Seriously Suck“
Im ersten Teil unserer Serie „Trainersprache“ haben wir bereits erläutert wie schnell wir Trainerinnen und Trainer missverstanden werden können und mit welchen Personen wir am häufigsten kommunizieren. Unsere Spieler sind vermutlich die wichtigsten Personen, mit denen wir im Laufe einer Saison sprechen. Aus diesem Grund beschäftigen wir uns heute mit der Sprache zwischen Spieler und Trainer. Wir werfen einen Blick auf unsere deutschen Champions-League Finalisten, tricksen unser Kurzzeitgedächtnis aus und schauen mit was für kuriosen Anweisungen Elon Musk bei SpaceX die Kommunikation stärkt.
Der Timo Werner Blues
Auch wenn die leeren Fußballstadien für uns alle schwer zu ertragen sind, so haben sie doch einen kleinen Vorteil. Es ergeben sich Situationen, an denen wir den Trainern genau zuhören können. So konnten wir vor ein paar Wochen beim Spiel Chelsea gegen Everton eine äußerst direkte Aussage von Thomas Tuchel in Richtung Timo Werner verfolgen.
„Timo wie lange spielst du schon links? Du spielst rechts. Du spielst seit einer Viertelstunde links. Verstehst du das nicht?“ – Thomas Tuchel
https://www.youtube.com/watch?v=nlsN1Gl0bz8
An dieser Stelle werden wir selbstverständlich keine Kritik am Coaching äußern, denn der Unterschied zwischen links und rechts sollte unseren Spielern schon bewusst sein. Im Fall von Timo Werner ist lediglich davon auszugehen, dass er unter seinen alten Trainern mehr Freiheiten hatte als unter Thomas Tuchel. Tuchel hat mit seiner sehr direkten Botschaft gezeigt, dass er festgelegte Positionen bevorzugt.
Ohne Chunks keine Chance
Im Spiel sprechen wir Trainerinnen und Trainer mit unseren Spielern häufig über komplizierte Situationen, die in einer enorm kurzen Zeit ablaufen. Mit Hilfe von Chunks können wir solche Situationen erleichtern und die gewünschten Handlungsanweisungen für unsere Spieler langfristig abrufbar machen. Chunks sind im Wesentlichen kleine Stücke, die aus einer großen Gesamteinheit zusammengefasst werden. Wir nutzen sie, um in unserem Kurzzeitgedächtnis Platz zu schaffen, damit neue Informationen aufgenommen werden können ohne das alte verloren gehen. In unserer Basisausbildung erklärt euch Jonas im Modul „Entscheidungen treffen“ wie ihr Informationen einfach zusammenfassen könnt.
Wir nutzen die Chunking-Methode, indem wir das gesamte Spiel in vier Spielphasen aufteilen und den einzelnen Spielphasen Spielprinzipien (Auslöser + die entsprechende Handlungsanweisung) zuordnen. Um auch bei den Spielprinzipien eine große Informationsflut zu vermeiden, sollten diese so kurz und prägnant wie möglich beschrieben werden. Das Spielprinzip „Raus aus Druck“ gilt an dieser Stelle als ein gutes Beispiel. Durch das Prinzip können wir unseren Spielern in nur drei Wörtern eine konkrete Handlungsanweisung an die Hand geben. Allerdings wird das Prinzip auch nur dann seine Wirkung entfalten, wenn wir es wie einen roten Faden durch jede Besprechung, jedes Training und jedes Spiel ziehen. Es gilt der Grundsatz: Je ähnlicher die Informationen sind, umso schneller gelangen sie aus dem Kurzzeitgedächtnis in das Langzeitgedächtnis.
Aus der Theorie in die Praxis
RB Leipzig hat sich die Chunking-Methode in seiner Spielphilosophie zu nutzen gemacht und in einer Übersicht mit dem Titel „Unser Spiel von A bis Z“ für jeden Buchstaben des Alphabets einen Chunk erstellt. So steht z.B. der Buchstabe B für „Balldieb sein“, der Buchstabe J für „Jagen“ und der Buchstabe C für „Centerspur nutzen“. Das folgende Video gibt uns einen Einblick darüber, wie sehr sie das C perfektioniert haben.
https://www.youtube.com/watch?v=nKvqRqfkw3k
Allerdings nutzt RB Leipzig nicht nur einzelne Wörter, um Informationen zu vermitteln, sondern auch Akronyme. So steht z.B. der Name Kai für Kompakt Alle Immer. Kai macht in dem angesprochenen Zusammenhang sicherlich Sinn, wir müssen uns jedoch bewusst sein, dass Akronyme stehts auch eine Gefahr bilden.
An: All@SpaceX
In der Biographie von Elon Musk wird darüber berichtet, wie Musk regelmäßig E-Mails an alle Mitarbeiter versendete. Die bekannteste E-Mail wurde mit der Betreffzeile „Acronyms Seriously Suck“ versendet. In dieser E-Mail regte sich Musk furchtbar darüber auf, dass bei SpaceX immer mehr Akronyme verwendet wurden. Daraufhin legte er eine Richtlinie fest, die besagt, dass Akronyme nur dann verwendet werden dürfen, wenn er sie genehmigt. Die Akronyme machen ihm vor allem deshalb sorgen, weil dadurch im Laufe der Zeit ein großes Register entsteht. Dieses Register wird besonders für neue Mitarbeiter zum Problem.
„Niemand kann sich wirklich an alle Abkürzungen erinnern und niemand möchte in Meetings unwissend erscheinen. Also sitzt man nur da und fragt nicht nach. Für neue Mitarbeiter ist das besonders schwierig“. – Elon Musk
Fazit
Um unsere Spieler zu erreichen und Informationen langfristig abrufbar zu machen müssen wir einheitliche Chunks erstellen. Es bietet sich an, diese Chunks in einer Übersicht festzuhalten. Diese Übersicht kann z.B. auch in der Kabinengestaltung eine Rolle spielen. Chunks sind Informationen, die in wenigen Wörtern oder in Akronymen zusammengefasst werden. Wenn wir Akronyme verwenden müssen wir jedoch darauf achten, dass sie die Kommunikation fördern und nicht behindern. Ein Register mit zu vielen Akronymen kann besonders für neue Spieler zu einem Problem werden. Aus diesem Grund stellen wir euch im nächsten Teil unserer Serie das berühmte Playbook der LA Rams vor. Diese haben es geschafft ein großes Register an Spielzügen auf eine sehr kreative Art und Weise zu verpacken.
Buchempfehlung
• Tesla, Paypal, SpaceX: Wie Elon Musk die Welt verändert – Ashlee Vance