Jonas Stephan und Steven Turek über ihr Trainerdasein, ihr neustes Projekt Coach2 und die Herausforderungen der Zukunft
easy Sports-Campus: Hallo Jonas, Hallo Steven. Ihr seid beide zum einen schon sehr lange Trainer, aber gleichzeitig erst 27 bzw. 29 Jahre alt. Wie war euer Weg in den bezahlten Fußball?
Jonas Stephan: Eine Mischung aus ganz viel Interesse am Spiel und natürlich auch dem Quäntchen Glück. Eigentlich war nach der Schule alles darauf ausgerichtet, im Fußball arbeiten zu können. Also: Ein sportwissenschaftliches Studium, viele Trainingshospitationen und natürlich die eigentliche Trainerpraxis in mehreren Amateurvereinen.
Steven Turek: Das kann ich nur bestätigen. Mit Anfang 20 versucht man einfach, als Trainer so gut zu werden, wie es geht. Dazu gehört, wie Jonas schon sagte, Studium, wo wir so ziemlich jede Arbeit und jedes Projekt im Fußball absolviert haben, aber auch viel Selbststudium und auch der Austausch mit vielen Kollegen, die sich netter Weise mit uns zusammengesetzt haben.
eSC: Ihr habt auch früh begonnen, Trainermedien selbst zu gestalten…
ST: Ja genau. Aus einer Idee heraus unsere Projektarbeit zu veröffentlichen, sind wir schließlich auf das Institut für Jugendfußball und Peter Schreiner gekommen. Aus diesem Einstieg wurden schließlich zahlreiche Hefte, DVDs und Liveseminare und Kongresse.
eSC: Jetzt könnte man ja behaupten: ‚Warum maßen sich die jungen Studenten an, andere Kollegen zu belehren‘? Aber ihr habt das nie so gesehen, oder?
JS: Nein, der Gedanke kam uns nie. Ein Studium funktioniert nicht anders, du informierst dich zu einem Thema und präsentierst es dann. Genauso haben wir diese eigentlich freiberufliche Tätigkeit auch interpretiert. Sich in einem Bereich so schlau wie möglich machen und es dann weitergeben.
ST: Genau das. Und man muss ja auch bedenken: Jeder kann sich so ein Heft oder eine DVD schnappen und sagen ‚hier: das ist aber kompletter Blödsinn‘. Es ist also schon eine Art Druck dahinter, die Sachen sauber dazulegen und zu begründen. Und das wiederum hat uns geholfen, die Inhalte noch besser und stichhaltiger zu gestalten – ohne jemals den Anspruch auf Vollständigkeit zu haben. Aber ich denke, dass wir einen Beitrag leisten, für die Kollegen, die es interessiert.
JS: So gestaltet sich eigentlich ein ziemlich cooler Kreislauf aus dem Recherchieren unterschiedlicher Themen, der Vermittlung an Spieler und Trainer – was sehr unterschiedlich ist – und dem Entstehen neuer Themen.
Das Projekt Coach2
eSC: Neue Themen? So wie euer neues Projekt Coach2? Erzählt doch den Lesern kurz, was es damit auf sich hat und wie ihr dazu gekommen seid.
JS: Vor über zwei Jahren sprach mich Steven an, weil er ein neues Heft entwickeln wollte. Es sollte im Kern um Vermittlung gehen, also wie bekomme ich Inhalte effektiver an den Spieler, sodass der sie im Spiel stabil abrufen kann. Das Thema hat sich dann immer weiterentwickelt und hat schon sehr schnell den Rahmen eines Heftes gesprengt. Zur gleichen Zeit sprach Peter Schreiner erstmals über seine Idee des easy Sport-Campus. Aus der Kombination ist dann Coach2 hervorgegangen.
ST: Seitdem haben wir angefangen unsere Inhalte in einer anderen Form aufzuarbeiten. Also weg von klassischen PowerPoint -Folien, die einfach nur Text zeigen. In der Zeit haben wir auch unheimlich viel über Lernen und Präsentieren gelernt und haben erstmal eine Antwort auf die Frage gesucht ‚wie Menschen am besten Lernen‘
eSC: Und die Antwort?
ST: Ist erstaunlich simpel und gleichzeitig komplex. Um ein Beispiel zu nennen: Wir empfehlen ein Modul pro Tag zu absolvieren, alle Ablenkungen wie Handy zu eliminieren und nach der 25/5 Methode vorzugehen. Also 25 Minuten intensiv lernen, dann 5 Minuten Pause. Ganz viele Untersuchungen haben gezeigt, dass Menschen so am effektivsten Lernen. Entsprechend sind auch unsere Module aufgebaut – rund 25 Minuten lernen, 5 Minuten Pause und Nacharbeiten.
JS: Insgesamt haben wir 30 solcher Module. Folgen Trainer also unserer Empfehlung, handelt es sich um 6 Wochen a 5 Tage die Woche. Um das Ganze leicht überschaubar zu machen, haben wir die 30 Module in 6 Kurse aufgeteilt, die jeweils vier bis sechs Module umfassen. So kann ein Trainer gezielt einen Einstieg wählen, in einen Themenbereich, der ihn interessiert oder nach und nach alle Coach2 Module absolvieren.
eSC: Welche Themenbereiche deckt ihr mit Coach2 ab?
JS: Eigentlich alles, was man als Trainer braucht. Trainer lernen zunächst grundsätzliche Lernmechanismen, die dann gezielt auf Sport bzw. Fußball angewendet werden. Dann werden systematisch Schwerpunkte für Trainingsformen entwickelt, diese in Trainingsformen verpackt, zu Trainingseinheiten zusammengefasst und schließlich langfristig geplant.
ST: Nach diesen reinen Trainingsmodulen folgen noch Kurse zu Spielern und Trainern. Fragen wie ‚Wie kann ich Spieler richtig einordnen?‘, ‚sollen eher Stärken oder Schwächen verbessert werden?‘, ‚was ist Flow?‘ widmen wir uns im Kurs Spieler. Den Kurs ‚Trainer‘ empfinden wir beide als besonders interessant für Trainer. Weil mal ganz ehrlich: Niemand auf dieser Welt sagt dir, wie du dich als Trainer selbst führst, wie du effektiv Entscheidungen triffst, wie man kreativ wird und vieles mehr. Dieser Kurs entspringt also vor allem unserem eigenen Interesse.
eSC: Coach2 bietet also eine komplette Trainerausbildung sozusagen.
JS: Das kann man so sagen. Die Module bauen aufeinander auf und beziehen sich immer wieder aufeinander. Dinge, die in den ersten Modulen gelernt wurden, kommen selbst zum Schluss immer wieder zum Tragen. Darüber hinaus gibt es nach jedem Modul eine Aufgabe, meist interaktiv, also etwas zum Ausprobieren, selbst gestalten und unterrichten. Aber im System sind auch klassische Multiple Choice -Tests verankert und wer alle Coach2 Module absolviert, erhält sogar ein Zertifikat als Nachweis.
eSC: Was sind eure Lieblingsmodule oder Erkenntnisse aus Coach2?
ST: Das ist gar nicht so einfach. Die besten Sachen waren eigentlich die, die so simpel klingen wie logisch. Spontan fällt mir dazu ein: Warum sollte man sich bei einem Problem eine Pause gönnen und beispielsweise einen Spaziergang im Wald machen? Ganz einfach: anthropologisch gesehen haben wir Probleme immer in der Natur gelöst. Wir haben also über Jahrtausende gelernt, Probleme in diesem Setting zu lösen. Und von derlei Erkenntnisse haben wir unheimlich viele in Coach2.
JS: Ja, das ist wirklich unheimlich schwer, etwas herauszupicken. Die Idee des spielnahen Individualtrainings, wo kleine Spielformen so konstruiert werden, dass sie genau einen Auslöser trainieren, ist unheimlich spannend. In Deutschland wird ja viel über fehlende Individualisierung gesprochen Aber Individualtraining ist nicht ein Trainer und ein Spieler. Deswegen ist das Modul im Austausch mit Kollegen immer sehr häufig dabei.
eSC: Was sicherlich auch viele interessiert: Wie kommt ihr zu dem Namen Coach2? (gesprochen: CoachTwo)
ST: Im Studium sollten wir einmal ein Planspiel machen und ein Unternehmen gründen. Hier war Coach2 eine Berateragentur für Trainer. Jahre später haben wir den Namen für unser echtes Projekt genutzt.
JS: Wie das hoch 2 ja schon aussagt, geht es darum, dass der Trainer sich potenziert und der beste Trainer wird, der er sein kann, um Spielern eine möglichst gute Ausbildung zu garantieren. Das ist die ganze Idee.
eSC: Abschließend, was sind die größten Herausforderungen, die in Zukunft auf Trainer zukommen werden?
ST: Ich finde, es sind dieselben, die es immer waren. Wir sind nach wie vor gefragt, das Spiel noch besser zu verstehen. Mechanismen klarer zu erkennen und ermitteln, was die besten Lösungen sind. Zweitens: Deren Vermittlung. Wir glauben ja relativ schnell, dass wir wissen, wie Training funktioniert. Wenn es aber wirklich darum geht, wie Spieler im richtigen Moment ihr komplettes Talent entfalten können, wissen wir sehr wenig. Und drittens: Menschenführung. Was muss ich wirklich machen, damit Spieler mir folgen. In den drei Bereichen sind wir bei weitem nicht so schlau, wie wir es manchmal glauben und sind auch genau die Bereiche bei denen Coach2 ansetzt.
JS: Dem ist nichts hinzuzufügen.